Zur Legalbewährung von Opioidabhängigen nach der Entlassung aus der Haft

Klara Boksán, Maren Weiss, Kerstin Geißelsöder, Michael Dechant, Johann Endres, Maike Breuer, Mark Stemmler & Norbert Wodarz

Praxis der Rechtspsychologie 33 (2), November 2023, S. 135–151
Deutscher Psychologen Verlag GmbH, Berlin
https://doi.org/10.51625/pdr20230207

Zusammenfassung

Die Wechselwirkung von Drogenkonsum und Straffälligkeit ist ein viel diskutiertes Thema. Die Opioidabhängigkeit nimmt in dieser Diskussion einen besonderen Stellenwert ein, da sie als besonders folgenschwere Erkrankung für das Individuum und die Gesellschaft gilt. Im vorliegenden Beitrag werden neue längsschnittliche Daten aus einer Stichprobe von N = 247 Teilnehmenden präsentiert, die beleuchten, inwiefern sich Effekte einer Substitutionstherapie in Haft auf die Legalbewährung (Re-Inhaftierung und erneute Straffälligkeit) nach der Entlassung zeigen. Belege für Gruppenunterschiede (in Haft Substituierte vs. Nicht-Substituierte) hinsichtlich der Re-Inhaftierungsquoten zeigten sich nicht. Ermutigend war jedoch ein mittelfristiger Rückgang der Betäubungsmitteldelikte in der Gruppe der Substituierten im Selbstbericht, der sich jedoch nicht nachhaltig zeigte. Folglich gibt es Hinweise, dass die Substitutionstherapie bei opioidabhängigen Inhaftierten mittelfristig zu einer Reduktion von Betäubungsmitteldelikten führt; keinesfalls kann sie jedoch als Mittel zur Lösung aller mit der Opioidabhängigkeit verbundenen Probleme gelten. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Haftentlassung war eine Verzerrung der Ergebnisse durch den Wechsel einiger Studienteilnehmenden im Substitutionsstatus anzunehmen, weshalb zukünftig der Behandlungskontinuität mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

Abstract

The interaction of drug use and delinquency is a much-discussed topic. Opioid addiction has a special role in this debate, as it is considered a particularly serious disorder for the individual and society. In the present article, new longitudinal data from N = 247 participants are presented that shed light on the effectiveness of prison-based substitution therapy on legal probation (re-arrest and re-offending) after release. Evidence for group differences (substituted vs. non-substituted prisoners) regarding re-incarceration rates was not found. Encouraging, however, was a medium-term decrease in drug-related offences for substituted individuals (self-reports) which, however, was not sustainable. Consequently, there are indications that prison-based opioid substitution therapy leads to a reduction of narcotic offences in the medium term, however, it can by no means be considered a universal remedy. With increasing time interval after prison release, a distortion of results was to be assumed due to the change in substitution status of some study participants, which is why more attention should be paid to treatment continuity in the future.

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