Nachsorge unter erschwerten Vorzeichen – Erfahrungen forensischer Nachsorgeambulanzen mit Sexualstraftätern, die nach der Novelle der Verhältnismäßigkeitsregelung entlassen wurden
Julia Grotepaß, Nora Hein, Silvia Gubi-Kelm & Jan Querengässer
Praxis der Rechtspsychologie 31 (2), Dezember 2021, S. 191–213
Deutscher Psychologen Verlag GmbH, Berlin
https://doi.org/10.51625/pdr20210209
Zusammenfassung
Im Rahmen der im Jahr 2016 in Kraft getretenen Novellierung des Maßregelrechts nehmen Verhältnismäßigkeitserledigungen von langjährig nach § 63 StGB untergebrachten Sexualstraftätern zu. Dies stellt neben der stationären Behandlungspraxis auch die forensische Nachsorge vor große Herausforderungen. Nach einem kurzen Überblick über die Novelle, untersucht der vorliegende Artikel, inwiefern sich die Gesetzesnovelle auf die Entlasspraxis und Legalbewährung auswirkt. Anhand der Auswertung der poststationären Entwicklung von zehn aus Gründen der Unverhältnismäßigkeit entlassenen Sexualstraftätern aus Nordrhein-Westfalen, werden die weitreichenden Folgen der Reform des Unterbringungsrechts verdeutlicht, mit denen sich die forensische Nachsorge vermehrt auseinandersetzen muss. Abschließend wird auf den großen Handlungsbedarf und alternative Lösungsvorschläge, wie die wichtigen Ziele der Gesetzesnovellierung, die Senkung der Verweildauern sowie die Stärkung des Freiheitsgrundrechts der Patientinnen und Patienten anders umgesetzt werden können, aufmerksam gemacht.
Schlüsselwörter: Maßregelvollzug, psychiatrisches Krankenhaus, Verhältnismäßigkeitserledigung, forensische Nachsorgeambulanz
Abstract
A major amendment of the German Criminal Code concerning treatment in forensic psychiatric hospitals (Secs. 63, 67 StGB) became effective in August 2016 and has led to an increasing number of discharges of sex offenders. In addition to inpatient treatment practice, this also poses great challenges for forensic aftercare. After a brief overview of the amendment, this article examines how it affects the release practice and legal probation. Based on the analysis of the post-inpatient development of ten sex offenders from North Rhine-Westphalia who were released for disproportionate reasons, the far-reaching consequences of the amendment forensic aftercare have to deal with are illustrated. Finally, attention is drawn to the great need for action and alternative solutions to reduce the length of stay and strengthens the patients fundamental right to freedom are proposed.
Keywords: Forensic psychiatry, termination due to disproportionality, forensic aftercare outpatient clinics
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