Zur Aufhebung von Scheinerinnerungen: Neue Befunde von Oeberst et al. (2021) und ihre aktuelle Übertragbarkeit in die forensische Praxis
Paul Jäckel & Cornelia Orth
Praxis der Rechtspsychologie 31 (2), Dezember 2021, S. 113–140
Deutscher Psychologen Verlag GmbH, Berlin
https://doi.org/10.51625/pdr20210206
Zusammenfassung
Ein aktueller Befund von Oeberst et al. (2021) stellt die Aufhebung von autobiographischen Scheinerinnerungen durch eine source und false memory sensitization in Aussicht. Die Anwendung beider Techniken führte in der untersuchten Stichprobe zu einer deutlichen Verringerung der Erinnerungsqualität von Scheinerinnerungen. Die Qualität von Erinnerungen an wahre Erlebnisse wurde dabei kaum eingeschränkt. Solche Ergebnisse sind selten und bedeutsam; ein Transfer in die forensische Praxis wäre vorteilhaft. Eine genaue Betrachtung der Aussagekraft wie potenziellen Übertragbarkeit der Ergebnisse zeigt jedoch, dass eine praktische Verwendung der Techniken noch nicht hinreichend genug untersucht und empirisch abgesichert ist. Dies gilt für die aussagepsychologische Glaubhaftigkeitsbegutachtung als auch für polizeiliche Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen. Genaueres wird im vorliegenden Beitrag diskutiert, wobei nacheinander auf die Studie von Oeberst et al., ihre Ergebnisse, Aussagekraft und Gültigkeit vorrangig für die aussagepsychologische Begutachtung eingegangen wird.
Abstract
A current finding by Oeberst et al. (2021) suggests a reversal of false memories of autobiographical events by means of source and false memory sensitization. The use of both techniques led to a significant reduction in the recollection quality of false memories in the sample examined. At the same time, the quality of memories of true experiences was barely diminished. Such results are seldom and significant, transferring them into forensic practice would be beneficial. However, if the meaningfulness and potential transferability of the results is examined more closely against the backdrop of forensic practice’s demands, it becomes apparent that using techniques in such a manner has not yet been sufficiently investigated and empirically verified. This applies to the psychological assessment of credibility as for the police questioning of witnesses. More details are discussed in the present article, whereby the study by Oeberst et al, its results, informative value and validity is successively and primarily referred to in relation to the psychological assessment of credibility.
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