Belastungen von Kindern in Trennungsfamilien mit familiengerichtlichen Konflikten

Janin Zimmermann, Julia Reim, Heinz Kindler, Stefanie Amberg, Sabine Walper & Ulrike Lux

Praxis der Rechtspsychologie 33 (1), Juli 2023, S. 79–96
Deutscher Psychologen Verlag GmbH, Berlin
https://doi.org/10.51625/pdr20230104

Zusammenfassung

Anhaltende Konflikte der Eltern erschweren Kindern die Anpassung an eine Trennung. Es wird angenommen, dass v. a. Kinder, deren Eltern sich in einem familiengerichtlichen Verfahren befinden, einem hohen Maß an Koalitionsdruck durch ihre Eltern und Coparenting-Problemen ausgesetzt sind, was negative Folgen für die Eltern-Kind-Beziehungen, das Wohlbefinden und die Entwicklung der Kinder haben kann. Um dies zu untersuchen, wurden Daten der Wellen 7 und 9 des Beziehungs- und Familienpanels pairfam zusammengefasst und analysiert. Die Stichprobe umfasste n=852 Kernfamilien, n=239 getrennte Familien ohne und n=44 Familien mit Gerichtsverfahren. Es zeigte sich, dass Kinder und Jugendliche aus Familien mit Gerichtsverfahren das höchste Ausmaß an emotionalen und Verhaltensproblemen berichteten. In Regressionsanalysen zeigte sich zudem, dass Coparenting-Probleme und wahrgenommener Koalitionsdruck mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von emotionalen und Verhaltensproblemen einhergingen. Belastungen in den Beziehungen zu den Eltern stellten dabei einen vermittelnden Faktor (Mediator) für diesen Zusammenhang dar, wobei sich Zusammenhänge teilweise verstärkt im Kontext laufender Gerichtsverfahren zeigten (Moderator). Kinder und Jugendliche, deren Eltern in familiengerichtliche Konflikte involviert sind, stellen folglich eine besonders belastete Gruppe von Kindern dar, wobei insbesondere Coparenting-Probleme und Koalitionsdruck die emotionale Sicherheit und das Wohlbefinden der Kinder negativ beeinflussen können.

Schlüsselwörter: Trennung und Scheidung, kindliche Entwicklung, Koalitionsdruck, Sorgerechtsstreit, Eltern-Kind-Beziehung

Abstract

Ongoing parental conflicts make it difficult for children to adjust to parental separation. It is assumed that especially children whose parents are involved in family court proceedings experience a high degree of pressure to side and limited coparenting abilities by their parents, which may have negative consequences for parent-child relationships, children’s well-being and development. To examine this, data from waves 7 and 9 of the pairfam panel were pooled and analyzed. The sample included n=852 nuclear families, n=239 separated families without court proceedings, and n=44 families with court proceedings. Children and adolescents from families with court proceedings were found to report the highest levels of emotional and behavior problems. Regression analyses also showed that coparenting problems and perceived pressure to side were associated with an increased risk for emotional and behavior problems. Strains in the parent-child-relationships appeared to be a mediating factor, while ongoing court proceedings amplified some of the associations (moderation). Consequently, children and adolescents whose parents are involved in family court conflicts represent a risk group of children, while in particular coparenting problems and pressure to side can negatively affect children’s emotional security and well-being.

Keywords: Separation and divorce, child development, pressure to side, custody disputes, parent-child relationships

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