Die untersuchende Vernehmung als (internationale) Reaktion auf falsche Geständnisse: ein forschungsbasierter und praxiserprobter Vernehmungsansatz

Lennart May, Ivar Fahsing, Rebecca Milne, Jennifer Gaedt & Teresa Schneider

Praxis der Rechtspsychologie 32 (2), November 2022, S. 127–158
Deutscher Psychologen Verlag GmbH, Berlin
https://doi.org/10.51625/pdr20220206

Zusammenfassung

Aussagen in Beschuldigtenvernehmungen können polizeiliche Ermittlungen und Strafverfahren entscheidend beeinflussen. Wahre Aussagen können einerseits dabei helfen, Straftaten aufzuklären und vorzubeugen. Falsche Aussagen können hingegen zu kaum oder nur schwer zu revidierenden, polizeilichen und juristischen Fehleinschätzungen und Justizirrtümern führen. Dieser Artikel erläutert zunächst das Zustandekommen und die Folgen falscher Geständnisse in polizeilichen Vernehmungen. Daran anknüpfend beschreibt er die untersuchende Vernehmung, die in Großbritannien als Konsequenz falscher Geständnisse entwickelt wurde, sich in der Praxis bewährt hat und auch von anderen Ländern übernommen wurde. Anschließend beleuchtet er beispielhaft die Anwendung der untersuchenden Vernehmung in Norwegen im Fall Anders Behring Breivik und skizziert die polizeiliche Vernehmungsliteratur und Optimierungspotentiale in Deutschland.

Abstract

Information gained from interviews with suspects can guide police investigations and criminal proceedings. Reliable statements can lead to accurate resolutions and the prevention of criminal offences. False statements, on the other hand, can lead to police and legal misjudgments and at worst miscarriages of justice that are difficult or impossible to resolve. This article first describes the occurrence and consequences of false confessions in police interrogations, drawing on lessons learnt from other countries. In the United Kingdom such malpractice and miscarriages led to the development and implementation of investigative interviewing – a research-based and practical approach – that has been adopted in other countries. As an example, we outline the implementation of investigative interviewing in the case of Anders Behring Breivik, Norway. Finally, we describe the German literature about police interviewing and its potential for optimization.

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