Die aussagepsychologische Analyse einer Zeug:innenaussage bei Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung und einer dissoziativen Identitätsstörung

Beate Daber & Romina Müller

Praxis der Rechtspsychologie 32 (2), November 2022, S. 35–63
Deutscher Psychologen Verlag GmbH, Berlin
https://doi.org/10.51625/pdr20220202

Zusammenfassung

Ein:e Tatrichter:in darf bei der Entscheidungsfindung zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit bzw. der Glaubhaftigkeit einer Zeug:innenaussage eine:n aussagepsychologische:n Sachverständige:n heranziehen, sofern besondere Umstände die Aussageperson oder damit verbundene Sachverhalte betreffend vorliegen, die es einem:r Richter:in anhand der gegebenen Sachkunde nicht ermöglichen, eine zweifelsfreie Einschätzung der Glaubwürdigkeit des:r Zeug:in vorzunehmen. Besonderheiten sind unter anderem in dem Vorliegen von Persönlichkeitsakzentuierungen und klinisch diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen begründet. Die Kriterien für das Vorhandensein einer oder mehrerer Persönlichkeitsstörungen sind in den gängigen Klassifikationssystemen (Diagnostisch und statistischen Manual psychischer Störungen (DSM-5); Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-11)) zu finden. Infolgedessen wird in dem vorliegenden Aufsatz, vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstands, sowohl auf die im DSM-5 und ICD-11 gelisteten Persönlichkeitsstörungen als auch die dissoziative Identitätsstörung im Rahmen der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Zeug:innenaussage und der aussagepsychologischen Begutachtung eingegangen. Implikationen für die Praxis werden diskutiert.

Abstract

When making a decision on the assessment of the credibility or credibility of a witness’s testimony, a trial judge may consult an expert in the field of testimonial psychology if there are special circumstances concerning the witness or related facts that do not allow a judge to make a doubtless assessment of the witness’s credibility on the basis of the given expertise. Special circumstances include the presence of personality accentuations and clinically diagnosed personality disorders. The criteria for the presence of one or more personality disorders can be found in the common classification systems (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5); International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-11)). Consequently, against the background of the current state of research, the present paper deals with the personality disorders listed in the DSM-5 and ICD-11 as well as the dissociative identity disorder in the context of assessing the credibility of the testimony of the testimonial psychological assessment. Implications for practice are discussed.

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